Der Boden ist die belebte oberste Schicht der Erdkruste, die wenige Zentimeter bis Meter dick sein kann. Für die Entstehung von 1 Meter Boden vergehen rund 10‘000 – 20‘000 Jahre. In unseren Breitengraden wird etwa 0,1 mm neuer Boden pro Jahr gebildet. Die oberste Bodenschicht besteht aus Humus, der durch die Zersetzung und Verwitterung von Pflanzenrückständen entsteht und besonders reich an Nährstoffen ist.
Gesunden Böden kommt eine Schlüsselfunktion zu, weil sie unverzichtbare Leistungen erbringen: Bodenökosysteme filtrieren, speichern und regulieren Wasser, bieten Lebensraum für unzählige Bodenorganismen, stellen Nährstoffe für Pflanzen zur Verfügung und sind zudem in der Lage, toxische Stoffe abzubauen und CO2 zu speichern. Nachhaltig bewirtschaftete Böden haben eine höhere Widerstandskraft, können sich besser an neue klimatische Bedingungen anpassen und helfen, Treibhausgase zu reduzieren.
Demgegenüber hat der Verlust von gesunden Böden in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Besonders die intensive Forst- und Landwirtschaft macht unseren Böden zu schaffen. Monokulturen, mineralische Dünger, synthetische Pestizide und der häufige Einsatz schwerer Maschinen können das Bodengefüge zerstören, laugen die Böden aus und vergiften das natürliche Ökosystem. Auch die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir bereits heute. Unwetter und Überschwemmungen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Fruchtbare Böden erodieren zunehmend, was sich auch in kleiner werdenden Ernteerträgen wiederspiegelt. Allein in der Schweiz gehen jedes Jahr 840’000 t Boden buchstäblich den Bach runter.
Auch unser Konsumverhalten verlangt dem Boden einiges ab. Der steigende Fleischkonsum und Food Waste verschlingen wertvolle Landflächen, die oft viel effizienter und nachhaltiger genutzt werden könnten.
Wir nehmen den Boden zu unseren Füssen nicht bewusst war – er ist einfach da und wird oft als lebloses Material gesehen und auch so behandelt. Eines der wichtigsten Ziele unseres Projekts Sounding Soil ist es daher, die Prozesse und das Leben im Boden sinnlich erfahrbar zu machen und damit das öffentliche Bewusstsein für gesunde Böden zu stärken.
In den Aufnahmen von Sounding Soil sind Bodentiere wie Springschwänze, Milben, Hundertfüsser, Käfer, Asseln, Fliegenlarven, Regenwürmer, Spinnen, Heuschrecken und Zikaden zu hören. Die meisten Bodentiere machen Geräusche, wenn sie sich durch den Boden bewegen oder fressen. Einige nutzen den Boden aber auch, um miteinander zu kommunizieren. Zudem sind auch Tiere zu hören, die auf dem Boden leben und diesen als Kommunikationsmedium benutzen, indem sie Vibrationen erzeugen, die Artgenossen über die Beine oder den Körper wahrnehmen können.
Entsprechend ihrer Körpergrösse, ihrem Körperbau und ihrer Verhaltensweise produzieren die Bodentiere unterschiedliche Geräusche. Je verschiedener die Tiergeräusche in einer Aufnahme sind, umso vielfältiger ist daher die Bodenfauna.
In einem gesunden Boden leben viele unterschiedliche Pflanzen, Tiere und Pilze. Sie garantieren die grundlegenden Bodenfunktionen wie die Zersetzung des Streumaterials und die Nährstoffkreisläufe. Je vielfältiger die Lebewesen im Boden sind, umso höher ist die Redundanz des Ökosystems. Das heisst, dass beim Ausfall einzelner Arten andere deren Funktionen übernehmen. Eine grosse Vielfalt an Lebewesen zeigt ein gesundes Bodenökosystem an.
Im Forschungsprojekt Sounding Soil versuchen wir anhand sogenannter «Akustischer Indices» die Artenvielfalt im Boden akustisch zu messen. Dabei haben wir an verschiedenen Standorten bereits sehr deutliche Unterschiede feststellen können. Konventionell bewirtschaftetes Ackerland zum Beispiel ist stiller und weist weniger verschiedene Geräusche auf als eine biologisch bewirtschaftete Wiese. Auch im Waldboden ist es etwas stiller, da dieser in der Regel kühler ist und die Bodentiere weniger aktiv sind als in einer sonnenbeschienenen Wiese.
Oft sind nicht nur Geräusche der Bodenfauna zu hören, sondern auch physikalische Quellen wie Regen, der auf den Boden aufschlägt und versickert oder Wind, der die Vegetation auf der Oberfläche bewegt und als Gerumpel im Boden hörbar ist. Zudem hört man im Boden auch anderen Umweltlärm (Baustellen, Verkehr, Flugzeuge).
Der Boden mit seinen zahlreichen Funktionen und Ökosystemdienstleitungen muss besser geschützt und nachhaltiger genutzt werden, damit auch künftige Generationen von gesundem Boden profitieren können.
In unserem alltäglichen Leben können wir den Boden erhalten und schützen. Sie als Konsumentin oder Konsument bestimmen mit ihrem Kaufverhalten mit, dass eine nachhaltige Landwirtschaft in der Schweiz sich durchsetzen kann: saisonale und regionale Produkte, möglichst aus biologischem Anbau und auch öfters mal auf Fleisch verzichten. Mehr zu nachhaltigem Einkaufen
Ob im Schrebergarten, Hausgarten oder auf dem Balkon, jede(r) kann beim Bodenschutz helfen. Biogärten tragen zur Erhaltung der Artenvielfalt an Land und im Boden bei. Die Kompostierung spielt eine wichtige Rolle, denn im Kompost werden Reste zu wertvollem, näherstoffreichem Humus umgewandelt. Für die Bodentiere ist es zudem sehr wichtig, dass der Boden immer bewachsen und bedeckt ist, denn viele der Organismen ernähren sich von Pflanzenresten.
Unsere Gesellschaft ist abhängig von gesunden Böden, mehr als 90 % unserer Lebensmittel wachsen auf ihnen. Wir, das sind etwa die Zivilgesellschaft, die Politik, die Industrie und die Landwirtschaft, besitzen Mittel und Wege, den Boden zu schützen und für künftige Generationen zu erhalten. Es muss noch mehr Aufklärungsarbeit rund um das Thema Bodenschutz geleistet werden und Entscheidungsträgerinnen und -träger in Politik und Industrie müssen endlich handeln und Massnahmen ergreifen. Es ist noch nicht zu spät, aber höchste Zeit der kostbaren Ressource Boden mehr Aufmerksamkeit und Schutz zu schenken.